Arbiträre Scharnierachsenbestimmung: Korrekte Abrechnung
Die arbiträre Scharnierachsenbestimmung stellt einen wesentlichen Bestandteil der funktionsanalytischen und funktionstherapeutischen Maßnahmen in der modernen Zahnmedizin dar. Als Zahnarzt stehen Sie vor der Herausforderung, nicht nur die klinische Durchführung präzise zu beherrschen, sondern auch die korrekte Abrechnung dieser Leistung sicherzustellen. Die exakte Bestimmung der Scharnierachse ist entscheidend für die Anfertigung funktionsgerechten Zahnersatzes und bildet die Grundlage für eine erfolgreiche prothetische Versorgung.
Im Gegensatz zur kinematischen (individuellen) Achsbestimmung wird bei der arbiträren Methode die Scharnierachse anhand definierter anatomischer Bezugspunkte approximiert. Diese Technik ermöglicht eine zeitsparende und für viele klinische Situationen ausreichend präzise Übertragung der Kieferrelation in den Artikulator. Die GOZ-Position 8010 bildet die abrechnungsrelevante Grundlage für diese Leistung, deren korrekte Anwendung und Dokumentation für die wirtschaftliche Praxisführung von erheblicher Bedeutung ist.
Dieser Fachartikel beleuchtet sowohl die klinischen Aspekte der arbiträren Scharnierachsenbestimmung als auch deren abrechnungstechnische Besonderheiten. Wir analysieren die Abgrenzung zu verwandten Leistungen, stellen typische Abrechnungskonstellationen vor und geben praxisnahe Empfehlungen zur rechtssicheren Dokumentation und Rechnungsstellung.
Definition und klinische Bedeutung der arbiträren Scharnierachsenbestimmung
Die Scharnierachse (Rotationsachse) des Unterkiefers verläuft durch beide Kiefergelenke und stellt die Achse dar, um die der Unterkiefer bei reiner Rotationsbewegung ohne Translation rotiert. Bei der arbiträren Bestimmung wird diese Achse nicht individuell ermittelt, sondern anhand statistischer Mittelwerte und anatomischer Bezugspunkte approximiert.
Typische Bezugspunkte für die arbiträre Achsbestimmung sind:
- 13 mm vor dem Tragus auf einer Linie vom Tragus zum äußeren Augenwinkel
- 10 mm vor dem Tragus und 7 mm über der Verbindungslinie zwischen Tragus und äußerem Augenwinkel
- 11-13 mm vor dem oberen Rand des äußeren Gehörgangs auf einer Linie zum äußeren Augenwinkel
Die klinische Durchführung erfolgt mittels spezieller Gesichtsbögen (Transferbögen), die an diesen Punkten positioniert werden. Die arbiträre Achsbestimmung ist insbesondere indiziert bei der Herstellung von Totalprothesen, umfangreichen prothetischen Rehabilitationen und funktionsanalytischen Maßnahmen, bei denen eine präzise Übertragung der Kieferrelation in den Artikulator erforderlich ist.
Nach einer Studie von Bernhardt et al. (2003) liegt die durchschnittliche Abweichung zwischen arbiträr und kinematisch bestimmter Scharnierachse bei 5-7 mm. Für die meisten klinischen Anwendungen ist diese Genauigkeit ausreichend, da Abweichungen erst ab etwa 5 mm klinisch relevante Auswirkungen auf die Okklusion haben.
Abrechnung der arbiträren Scharnierachsenbestimmung nach GOZ
Die arbiträre Scharnierachsenbestimmung wird nach der GOZ-Position 8010 abgerechnet. Diese Position umfasst die „Arbiträre Bestimmung der Scharnierachse mit Hilfsgeräten einschließlich Fixierung des Unterkiefers in zentrischer Relation oder in habitueller Interkuspidation“.
Der Punktwert für die GOZ 8010 beträgt 448 Punkte, was beim aktuellen Punktwert von 1,0 Euro einem Betrag von 25,95 € beim einfachen Satz (1,0) entspricht. In der Praxis wird diese Leistung häufig mit dem 2,3-fachen Satz berechnet, was einem Betrag von 59,69 € entspricht.
Wichtig für die korrekte Abrechnung ist die Beachtung folgender Punkte:
- Die GOZ 8010 ist je Behandlungsfall nur einmal berechnungsfähig
- Die Leistung umfasst auch die Fixierung des Unterkiefers in zentrischer Relation oder habitueller Interkuspidation
- Die Materialkosten für Bissregistrate können zusätzlich nach § 9 GOZ berechnet werden
- Eine ausführliche Dokumentation der durchgeführten Maßnahme ist erforderlich
Abgrenzung zu verwandten Leistungen und Abrechnungskombinationen
Bei der Abrechnung der arbiträren Scharnierachsenbestimmung ist die klare Abgrenzung zu verwandten Leistungen wichtig, um Abrechnungsfehler zu vermeiden. Besonders relevant ist die Unterscheidung zur kinematischen Achsbestimmung nach GOZ 8020, die mit 899 Punkten deutlich höher bewertet ist.
Die arbiträre Scharnierachsenbestimmung (GOZ 8010) wird häufig in Kombination mit folgenden Leistungen erbracht:
GOZ-Position | Leistungsbeschreibung | Punktwert | Betrag (2,3-facher Satz) | Kombinierbarkeit |
---|---|---|---|---|
8010 | Arbiträre Bestimmung der Scharnierachse | 448 | 59,69 € | Basisleistung |
8020 | Kinematische Bestimmung der Scharnierachse | 899 | 119,77 € | Nicht neben 8010 berechnungsfähig |
8030 | Registrierung der gelenkbezüglichen Zentrallage des Unterkiefers | 300 | 39,97 € | Kombinierbar |
8050 | Modellmontage in einem individuell einstellbaren Artikulator | 448 | 59,69 € | Kombinierbar |
8060 | Arbiträre Gesichtsbogenübertragung | 300 | 39,97 € | Kombinierbar |
Besonders wichtig ist die Abgrenzung zwischen der GOZ 8010 (arbiträre Scharnierachsenbestimmung) und der GOZ 8060 (arbiträre Gesichtsbogenübertragung). Beide Leistungen können nebeneinander berechnet werden, da sie unterschiedliche Maßnahmen darstellen: Die 8010 bezieht sich auf die Bestimmung der Scharnierachse, während die 8060 die Übertragung der räumlichen Lage des Oberkiefers in den Artikulator beschreibt.
Dokumentation und Begründung für Steigerungsfaktoren
Eine sorgfältige Dokumentation der arbiträren Scharnierachsenbestimmung ist nicht nur aus forensischen Gründen wichtig, sondern auch für die Rechtfertigung von Steigerungsfaktoren über dem 2,3-fachen Satz. In der Praxis wird die GOZ 8010 häufig mit dem 2,3-fachen Satz berechnet, in besonderen Fällen kann jedoch eine Steigerung bis zum 3,5-fachen Satz gerechtfertigt sein.
Folgende Begründungen können für eine Faktorsteigerung herangezogen werden:
- Überdurchschnittlicher Zeitaufwand aufgrund anatomischer Besonderheiten
- Erschwerte Durchführung bei eingeschränkter Mundöffnung
- Besondere Präzisionsanforderungen bei komplexen Rehabilitationen
- Erhöhter Aufwand bei Patienten mit craniomandibulären Dysfunktionen
- Wiederholte Durchführung aufgrund von Patientenbewegungen oder Ungenauigkeiten
Die Dokumentation sollte folgende Elemente enthalten: verwendetes Verfahren und Hilfsmittel, anatomische Bezugspunkte, eventuell aufgetretene Schwierigkeiten, Zeitaufwand sowie die klinische Indikation für die Maßnahme. Eine präzise Dokumentation erleichtert nicht nur die Begründung gegenüber Kostenerstattern, sondern dient auch der Qualitätssicherung in der eigenen Praxis.
Digitale Workflows und moderne Verfahren der Scharnierachsenbestimmung
Die Digitalisierung hat auch vor funktionsanalytischen Verfahren nicht Halt gemacht. Moderne digitale Systeme ermöglichen heute präzisere und effizientere Methoden der Scharnierachsenbestimmung, die sich nahtlos in digitale Workflows integrieren lassen.
Digitale Gesichtsscanner und virtuelle Artikulatoren können die konventionelle arbiträre Scharnierachsenbestimmung ergänzen oder teilweise ersetzen. Diese Systeme arbeiten mit optischen Sensoren und speziellen Algorithmen, die anatomische Bezugspunkte erkennen und die Scharnierachse berechnen können.
Für die Abrechnung ist zu beachten, dass die GOZ 8010 grundsätzlich auch bei Verwendung digitaler Verfahren angesetzt werden kann, solange die Leistungsbeschreibung erfüllt ist. Bei Verwendung besonders aufwendiger digitaler Systeme kann eine Analogberechnung nach § 6 Abs. 1 GOZ in Betracht kommen, wenn das Verfahren zum Zeitpunkt der GOZ-Novellierung noch nicht in der Gebührenordnung berücksichtigt werden konnte.
Zusammenfassung: Arbiträre Scharnierachsenbestimmung
- GOZ-Position: 8010 (448 Punkte)
- Betrag: 25,95 € (1,0-facher Satz) bis 59,69 € (2,3-facher Satz)
- Leistungsinhalt: Bestimmung der Scharnierachse anhand anatomischer Bezugspunkte inkl. Fixierung des Unterkiefers
- Häufigkeit: Einmal je Behandlungsfall
- Kombinierbar mit: GOZ 8030, 8050, 8060 (nicht mit 8020)
- Materialkosten: Bissregistrate nach § 9 GOZ zusätzlich berechnungsfähig
- Dokumentation: Verfahren, Bezugspunkte, klinische Indikation
Fazit
Die arbiträre Scharnierachsenbestimmung ist ein wesentliches Element der funktionsanalytischen Zahnheilkunde und bildet die Grundlage für präzisen, funktionsgerechten Zahnersatz. Die korrekte Abrechnung nach GOZ 8010 sichert die angemessene Honorierung dieser wichtigen Leistung.
Für eine rechtssichere Abrechnung ist die klare Abgrenzung zu verwandten Leistungen wie der kinematischen Achsbestimmung (GOZ 8020) und der arbiträren Gesichtsbogenübertragung (GOZ 8060) entscheidend. Eine sorgfältige Dokumentation unterstützt nicht nur die Begründung von Steigerungsfaktoren, sondern dient auch der Qualitätssicherung in der eigenen Praxis.
Moderne digitale Verfahren bieten neue Möglichkeiten für präzisere und effizientere Bestimmungen der Scharnierachse. Hochwertige digitale Dentallabore wie saga.dental nutzen diese Technologien, um funktionsgerechten Zahnersatz mit höchster Präzision herzustellen. Die Kombination aus präziser klinischer Diagnostik und modernen digitalen Fertigungstechnologien ermöglicht heute Zahnersatz, der sowohl ästhetisch als auch funktionell höchsten Ansprüchen genügt.