Glasfaserstift Zahn: Moderne Restaurationstechnik für Zahnärzte und ihre Abrechnung
Die Versorgung stark zerstörter Zähne stellt Zahnärzte täglich vor Herausforderungen. Besonders wenn die Zahnhartsubstanz so weit reduziert ist, dass eine konventionelle Füllung nicht mehr ausreicht, kommen Stiftsysteme zum Einsatz. Glasfaserstifte haben sich dabei in den letzten Jahren als bevorzugte Option etabliert und die früher üblichen Metallstifte weitgehend abgelöst.
Die Vorteile von Glasfaserstiften liegen auf der Hand: Sie weisen ein dentinähnliches Elastizitätsmodul auf, sind korrosionsbeständig und ermöglichen eine adhäsive Befestigung. Zudem bieten sie exzellente ästhetische Eigenschaften, da sie transluzent sind und keine Metallverfärbungen am Zahnhals verursachen.
Für Zahnärzte ist neben der klinischen Anwendung besonders die korrekte Abrechnung von Glasfaserstiften relevant. Die Positionierung im Abrechnungssystem und die Kombination mit anderen Leistungen erfordert detaillierte Kenntnisse, um wirtschaftlich optimal zu arbeiten und Honorarverluste zu vermeiden.
Indikationen und klinische Anwendung von Glasfaserstiften
Glasfaserstifte kommen primär bei endodontisch behandelten Zähnen zum Einsatz, deren Kronenanteil stark zerstört ist. Die Hauptindikationen umfassen:
- Zähne mit Substanzverlust von mehr als 50% der klinischen Krone
- Endodontisch behandelte Frontzähne mit erhöhter Frakturanfälligkeit
- Zähne, die als Pfeilerzähne für Brücken oder Prothesen dienen sollen
- Situationen, in denen eine metallfreie Restauration gewünscht ist
- Fälle mit hohen ästhetischen Anforderungen im Frontzahnbereich
Der klinische Workflow umfasst die Wurzelkanalbehandlung, Stiftbettbohrung, adhäsive Befestigung des Glasfaserstifts und den anschließenden Aufbau mit Komposit. Dieser kann dann als Basis für eine indirekte Restauration wie eine Krone dienen.
Studien zeigen, dass Glasfaserstifte im Vergleich zu Metallstiften das Risiko von Wurzelfrakturen um bis zu 70% reduzieren können, da sie die auftretenden Kräfte gleichmäßiger verteilen.
Abrechnung von Glasfaserstiften nach GOZ
Die Abrechnung von Glasfaserstiften erfolgt in der Privatbehandlung nach der GOZ. Dabei sind mehrere Positionen relevant, die korrekt kombiniert werden müssen:
Die GOZ 2195 (Adhäsive Befestigung, 2,3-facher Satz: 12,94 €) bildet die Basis für die Abrechnung des Befestigungsvorgangs. Diese Position ist je Zahn nur einmal berechnungsfähig, unabhängig davon, ob ein oder mehrere Stifte eingebracht werden.
Für den Stift selbst kommt die GOZ 2197 (Stiftverankerung, 2,3-facher Satz: 28,46 €) zur Anwendung. Diese Position kann bei mehreren Stiften im selben Zahn mehrfach berechnet werden. Wichtig: Die GOZ 2197 umfasst nur das Einbringen des Stifts, nicht die Stiftbettbohrung.
Die Stiftbettbohrung wird nach GOZ 2180 (Aufbereitung eines Wurzelkanals, 2,3-facher Satz: 21,01 €) abgerechnet. Diese Position kann ebenfalls mehrfach berechnet werden, wenn mehrere Stiftbettbohrungen erfolgen.
Der anschließende Aufbau wird nach GOZ 2180 (Aufbau eines zerstörten Zahnes, 2,3-facher Satz: 38,44 €) berechnet. Diese Position ist unabhängig von der Anzahl der verwendeten Stifte nur einmal je Zahn ansetzbar.
Besonderheiten bei der Abrechnung im Kassensystem
Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung gestaltet sich die Abrechnung von Glasfaserstiften deutlich komplexer. Grundsätzlich sind Glasfaserstifte keine Kassenleistung und müssen daher als Privatleistung abgerechnet werden.
Die Wurzelkanalbehandlung kann über die BEMA-Nr. 34 abgerechnet werden. Die Stiftbettbohrung ist jedoch nicht im BEMA enthalten und muss als Privatleistung nach GOZ 2180 berechnet werden.
Für GKV-Patienten bieten sich folgende Abrechnungswege an:
- Komplette Privatbehandlung nach GOZ (alle oben genannten Positionen)
- Mischkalkulation: BEMA-Nr. 13d für den Aufbau, GOZ-Positionen für Stift und Befestigung
- Analogberechnung nach §6 Abs. 1 GOZ für neuartige Stiftsysteme
Bei der Analogberechnung ist eine sorgfältige Dokumentation und Begründung erforderlich. Die Leistung muss dem Patienten vorab transparent kommuniziert und eine schriftliche Vereinbarung getroffen werden.
Vergleich verschiedener Stiftsysteme und deren Abrechnung
Stiftsystem | Material | Vorteile | Nachteile | GOZ-Positionen | Durchschnittlicher Honorarumsatz |
---|---|---|---|---|---|
Glasfaserstift | Glasfaserverstärktes Komposit | Dentinähnliches E-Modul, ästhetisch, adhäsive Befestigung | Höhere Materialkosten | 2195, 2197, 2180, 2190 | 100-120 € |
Metallstift (gegossen) | Edelmetall/NEM | Hohe Stabilität, bewährte Technik | Korrosionsanfälligkeit, Wurzelfrakturen | 2180, 5010-5140 | 140-180 € |
Schraubensystem | Titan | Hohe Retention, schnelle Anwendung | Erhöhtes Frakturrisiko, ästhetische Einschränkungen | 2180, 2197 | 80-100 € |
Keramikstift | Zirkonoxid | Höchste Ästhetik, biokompatibel | Sehr steif, schwer entfernbar | 2195, 2197, 2180, 2190 | 110-130 € |
Wirtschaftliche Aspekte und Materialauswahl
Bei der Auswahl des geeigneten Stiftsystems sollten neben klinischen auch wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt werden. Glasfaserstifte bieten ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Materialkosten, Zeitaufwand und Abrechnungsmöglichkeiten.
Die Materialkosten für Glasfaserstifte liegen je nach Hersteller zwischen 5 und 15 Euro pro Stift. Hinzu kommen Kosten für Befestigungsmaterial und Aufbaukomposit. Dem gegenüber steht ein Honorarumsatz von durchschnittlich 100-120 Euro pro Versorgung.
Moderne digitale Fertigungsmethoden ermöglichen mittlerweile auch die Herstellung individualisierter Stiftsysteme. Diese können perfekt an die Wurzelkanalanatomie angepasst werden und bieten optimale Passgenauigkeit. Die Herstellung erfolgt dabei über CAD/CAM-Systeme, wie sie auch in der digitalen Prothetik zum Einsatz kommen.
Für Praxen, die bereits mit digitalen Workflows arbeiten, ergeben sich hier Synergieeffekte. Die Abrechnung erfolgt in diesen Fällen analog nach §6 Abs. 1 GOZ, wobei die GOZ 2197 als Referenzposition dient.
Zusammenfassung: Glasfaserstifte in der zahnärztlichen Praxis
- Klinische Vorteile: Dentinähnliches E-Modul, reduziertes Frakturrisiko, ästhetisch ansprechend
- Abrechnung privat: GOZ 2195 (Adhäsive Befestigung), 2197 (Stiftverankerung), 2180 (Stiftbettbohrung), 2190 (Aufbau)
- Abrechnung GKV: Privatleistung nach GOZ, ggf. Kombination mit BEMA-Nr. 13d
- Wirtschaftlichkeit: Ausgewogenes Verhältnis zwischen Materialkosten und Honorar
- Digitale Perspektive: Individualisierte Stiftsysteme durch CAD/CAM-Technologie
Fazit
Glasfaserstifte stellen heute den Goldstandard bei der Versorgung endodontisch behandelter Zähne mit starkem Substanzverlust dar. Sie bieten zahlreiche klinische Vorteile und ermöglichen eine wirtschaftlich attraktive Behandlungsoption für Zahnarztpraxen.
Die korrekte Abrechnung erfordert detaillierte Kenntnisse der relevanten GOZ-Positionen und ihrer Kombinationsmöglichkeiten. Besonders im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine sorgfältige Aufklärung des Patienten und eine transparente Kommunikation der anfallenden Kosten unerlässlich.
Mit dem Fortschritt digitaler Technologien in der Zahnmedizin eröffnen sich auch bei Stiftsystemen neue Möglichkeiten. Individualisierte, CAD/CAM-gefertigte Stiftsysteme könnten in Zukunft die Standardversorgung ergänzen und für komplexe Fälle optimierte Lösungen bieten. Praxen, die bereits auf digitale Workflows setzen, können hier von Synergieeffekten profitieren und ihren Patienten moderne, hochwertige Versorgungen anbieten.